Pachinko - das Spielhallen-Phänomen in Japan
Pachinko: Wie Japans Pinball Gambling Industrie 30-mal mehr Geld verdient als die Casinos in Las Vegas
Mit dem Flipperautomaten Pachinko werden in Japan jährlich 200 Billionen US-Dollar umgesetzt. Das entspricht etwa 170 Milliarden Euro. Das ist 30-mal mehr als die Casinos in Las Vegas in einem Jahr generieren. Selbst das Bruttosozialprodukt von Neuseeland (185 Milliarden US-Dollar im Jahr 2016) liegt darunter.
Wie funktioniert Pachinko?
In Japan existieren mehr als 10.600 Pachinko-Salons. Dort stehen reihenweise die bunten, blinkenden Slots, die eine Mischung aus senkrechtem Arcade-Spiel und Geldspielautomat sind. Das Ziel des Spiels ist es, so viele silberne Metallkugeln wie möglich in ein Loch in der Mitte des Spielfeldes zu werfen. Die Spieler können die Kugeln steuern. Dazu müssen sie an einem einzelnen Rad drehen. Die Silberkugeln prallen von Stift zu Stift auf das Ziel zu.
Um das Rad zu drehen und zu lenken, werden beim Pachinko bestimmte Fähigkeiten und Techniken benötigt. Deshalb hat das Spiel einen hohen Unterhaltungswert, da es im Gegensatz zu den herkömmlichen Spielautomaten nicht mit einem (glücklichen) Hebelzug getan ist. Spieler mit einer guten Technik haben die beste Chance, das Spiel zu gewinnen. Aus diesem Grund nehmen die Glücksspielbetreiber an Pachinko-Automaten von Zeit zu Zeit etwas Veränderungen vor. Damit wollen sie verhindern, dass Spieler nicht immer mit der gleichen Technik gewinnen können. Ansonsten sind die Automaten recht sicher vor Manipulation.
Spiel in einer Grauzone
Trotz der enormen Beliebtheit von Pachinko bewegen die Pachinko-Salons sich in einer juristischen Grauzone. Glücksspiele sind in Japan überwiegend verboten. Nur Pferderennen und bestimmte Motorsportarten gelten als Ausnahme. Pachinko-Salons schaffen es dennoch, in der Grauzone zu überleben. Sie haben eine Gesetzeslücke entdeckt, die sie nutzen. Dazu gibt es extra einen sogenannten Vermittler, der die gewonnenen Sachpreise in Bargeld umwandelt. Jede gewonnene Kugel hat die gleiche Anzahl von Punkten. Für die Punkte erhält der Spieler im Spielsalon Preise. Das sind unter anderem Bleistifte, Handtaschen von Chanel oder Fahrräder. Der Spieler kann die Gegenstände gegen Geld einlösen. Dazu muss der die Spielhalle verlassen und außerhalb bei dem erwähnten Vermittler den Gewinn gegen Bargeld eintauschen. Früher hatte dabei die Yakuza, eine japanische Mafia-Organisation, ihre Hand im Spiel. Heute ist in vielen Salons der Ausgabeschalter für die Sachpreise und der Platz des Geldumwandler lediglich durch eine Glasscheibe getrennt.
Koreanisch-Japanisch: Die Pachinko-Betreiber
Die Japaner verbringen die Hälfte ihrer Freizeit in Pachinko-Salons. Die gesamte Pachinko-Industrie beschäftigt mehr Mitarbeiter als die Top 10 der japanischen Automobilhersteller. Dynam, einer der führenden Betreiber von Pachinko-Salons, besitzt über 400 Hallen. Pachinko-Salons sind jedoch überwiegend im Besitz von Japanern, die in Südkorea leben. Sie haben maßgeblich dafür gesorgt, das Spiel nach dem Zweiten Weltkrieg nach Japan zurückzubringen. Während des Krieges wurden unter der japanischen Kolonialherrschaft hunderttausende Japaner nach Korea verschleppt und mussten dort Zwangsarbeit leisten. Nach dem Krieg litten die Japaner unter der Diskriminierung der Koreaner. Beschäftigungsmöglichkeiten gab es kaum. Als Alternative boten sich für die Männer die Pachinko-Salons als Arbeitsplatz an, während die Frauen in Restaurants arbeiteten.
Herausforderungen für die Zukunft
Die Einnahmen sind beeindruckend, obwohl die Anzahl der Pachinko-Salons in Japan in den letzten zehn Jahren um circa 30 Prozent gesunken ist. Während die Spielhallen sich bemühen, jüngere Spieler für Pachinko zu gewinnen, hat der Staat neue Gesetze auf den Weg gebracht. Damit soll die Spielsucht reduziert werden. Die maximale Auszahlung pro Gerät wurde um 33 Prozent reduziert. Das bedeutet, dass ein Spieler nach einem vierstündigen Spiel maximal 450 US-Dollar gewinnen kann. Außerdem entwickeln sich Casinos, die vor Jahren in Japan legalisiert wurden, zu erbitterten Konkurrenten der Pachinko-Salons. Bei dem Reiz, die Pachinko auf die Japaner ausübt, ist es keine Überraschung, dass die Betreiber der Casinos ebenfalls an dem Kuchen teilhaben wollen und das beliebte Spiel anbieten. Der japanische Gesetzgeber hat den Casinos allerdings eine Hürde in den Weg gelegt. Japaner dürfen nur dreimal pro Woche ein Casino aufsuchen. Zudem muss bei jedem Besuch eine Eintrittsgebühr entrichtet werden. Trotz der Hemmnisse wird erwartet, dass die Casinos in Zukunft mit Pachinko Gewinne in Milliardenhöhe erzielen werden. Gewohnheiten sind schwer zu brechen. Für langjährige Pachinko-Spieler ist das Spiel ein Zeitvertreib, der ein unverzichtbarer Teil ihres Lebens ist.
Geschichte: Kinderspielzeug aus Chicago
Die ersten Pachinko-Geräte stammen aus den 1920er Jahren. Der Vorläufer war ein in Chicago erfundenes Kinderspielzeug mit dem Namen "Corinth Game" oder auch "Corinthian Bagatelle". Das Spiel wurde erstmals 1924 in Japan eingeführt und fand bei den Kindern großen Anklang. Die Kinder konnten damit in fast jedem Süßwarenladen spielen. Wenn die jungen Spieler eine bestimmte Punktzahl erreichten, erhielten sie Süßigkeiten oder Früchte. Die Kinder gaben dem Spiel den Namen "Pachi-Pachi". Das bezog sich auf die Klickgeräusche während des Spiels. Bereits 1910 kreierten die Briten das Wandspiel "The Circle of Pleasure". Verschiedene Merkmale des innovativen Geräts wurden später in die Pachinko-Automaten integriert. Dazu zählen die Schleuderform-Flosse und die charakteristische vertikale Konfiguration. Die vertikalen Geräte waren platzsparend und wurden spätestens 1929 allgemein akzeptiert. Das Jahr 1930 war in der Stadt Nagoya der Start für Pachinko als Freizeitbeschäftigung für Erwachsene. Die Präfektur von Aichi erteilte die erste Lizenz für den Betrieb einer Pachinko-Halle. Im Jahr 1936 hatte Pachinko sich überall in Japan durchgesetzt. Allein in der Hafenstadt Kochi wurden innerhalb von sechs Monaten 35 Pachinko-Salons eröffnet. In Vorbereitung auf den Krieg wurde die Herstellung von Pachinko-Automaten im Jahr 1937 eingestellt. Die Arbeitskräfte und das Material wurden für die Rüstungsindustrie benötigt. Das hatte zur Folge, dass im Jahr 1938 alle Pachinko-Hallen in Japan geschlossen wurden. Erst nach Ende des Zweiten Weltkriegs brachten die koreanischen Japaner Pachinko in das Land zurück. Die Pachinko-Salons öffneten wieder. Es dauerte nicht lange, bis das Spiel bei den Japanern ebenso beliebt wurde wie vor dem zweiten Weltkrieg.